Beispiel: Auswertung simulierter Daten

Auf dieser Seite erklären wir die Auswertung gemessener Merkurpositionen, wenn man gleichzeitig aufgenommene Bilder und/oder Messungen eines entfernten Teilnehmers gefunden hat. Um einen möglichst großen parallaktischen Winkel zu erhalten, wählen wir hier als Beobachtungsorte Montreal, Kanada (φ=45.3°, λ=-73.48°) und Ushuaia, Argentinien (Feuerland) (φ=-54.8°, λ=-68.3°). Die simulierten Messwerte wurden mit dem Windows-Programm eclipses (oder seiner deutschen Version Finsternisse) berechnet.

  1. Die Bilder wurden mit azimutal montierten Kameras alle 15 min (12:15 - 18:00 UT) aufgenommen. Die überlagerung aller dieser Bilder führt zu folgenden Ergebnissen:
    MontrealUshuaia
  2. Man dreht die Bilder so, dass die Ost-West-Richtung horizontal verläuft, z. B. indem man doppelt belichtete Bilder mit dem Windows-Programm evaltransitpicts auswertet und damit den Rotationswinkel bestimmt. überlagerung der gedrehten Bilder führt dann zu Bildern wie den folgenden:
    MontrealUshuaiaSuperposition Montreal/Ushuaia
  3. Das Programm zeigt während der Auswertung der einfach oder doppelt belichteten Fotos auch die auf die Sonnenscheibe bezogenen Merkurpositionen an und speichert sie in einer Textdatei. Diese Positionen können dann in die Excel-Tabelle tableofMercurypositions2019.xls übertragen werden. tableofMercury2019positionsMontreal(sim).xls und tableofMercury2019positionsUshuaia(sim).xls sind die ausgefüllten Tabellen.
  4. Einzelne Paare simultaner Messwerte können mit dem (Windows-) Programm calcparallax2019 oder mit der Excel-Tabelle comp2Mercury2019positions.xls ausgewertet werden. Für 14:45:00 UT findet man in den Tabellen z. B.:
    MontrealUshuaia
    x'-0.587132-0.584450
    y'-0.176941-0.171581
    Wenn man diese Werte zusammen mit den geografischen Koordinaten der Beobachtungsorte in das Programm bzw. in das Tabellenblatt eingibt (die Parameter der Sonne und die Sternzeit von Greenwich um 0:00 UT am Transittag sind voreingestellt), erhält man für die Sonnenparallaxe den folgenden Wert: πS=8.3".
  5. Wenn man diese Tabellen als tab-getrennte Texdateien speichert, können sie als Eingabedateien für das (Windows-) Programm comptransitofMercury2019pos dienen, das die gemessenen Positionen grafisch darstellt, Geradenanpassungen berechnet und einen verbesserten Wert für die Sonnenparallaxe berechnet, indem es (a) über alle exakt gleichzeitigen Messungen und (b) über alle Viertelstundenwerte der Linefits mittelt. Das letztere Verfahren ist auch dann möglich, wenn es keine exakt gleichzeitigen Messungen gibt.
    Simulierte Positionsdaten
    aus Montreal
    Simulierte Positionsdaten
    aus Ushuaia
    Vergleich beider Serien
    Auf diesem Wege erhält man einen deutlich besseren Wert für die Sonnenparallaxe und zusätzlich eine Schätzung des Vertrauensintervalls: πS=8.7"±0.2". Die Sprünge in den Messwerten werden durch die zu geringe Auflösung der simulierten Fotos verursacht, in denen der Sonnenradius nur 373px beträgt.

    Hier wurden Positionen verwendet, die aus Ephemeriden abgeleitet wurden, die durch JPL's HORIZONS system berechnet wurden (Montreal(horizons).xls and Ushuaia(horizons).xls). Berechnet man damit die Merkurpositionen um 13:45:00 UT, ergibt sich, z. B. mit comp2Mercury2019positions.xls oder dem (Windows-) Programm calcparallax2019, die Sonnenparallaxe zu πS=8.79" - ein perfektes Ergebnis.
  6. Wenn man keinen Partner findet, mit dessen Fotos die eigenen verglichen werden können, ist es noch möglich, die eigenen Positionsmessungen mit Positionsdaten zu vergleichen, die für den Erdmittelpunkt berechnet wurden. (Diese Werte können berechnet werden, ohne den Zahlenwert der Astronomischen Einheit zu verwenden.) Die in Geocentre(horizons).xls enthaltenen Daten wurden wieder mit JPL's HORIZONS System berechnet.

    Eine weitere Möglichkeit wird hoffentlich darin bestehen, die eigenen Fotos mit denen von NASA's Solar Dynamics Observatoty (SDO) zu vergleichen. Aber auch dazu muss man die Orientierung der eigenen Bilder bestimmen können (und wahrscheinlich wird es keine Sonnenflecken geben!).
    Dieses Teleskop befindet sich in einem Satelliten, der die Erde auf einer geosynchronen Bahn umkreist. Der Bahnradius beträgt etwa rSDO=6.61rE.

    Dieses Teleskop hat immer "klaren Himmel", und die NASA wird seine Transitfotos zeitnah veröffentlichen. Bei der Messung von Merkurs Position (x',y') auf der Sonne muss die Orientierung der SDO-Bilder (Sonnennordpol oben) berücksichtigt werden. Das Programm evaltransitpicts kann bei Einzelaufnahmen einen bekannten Rotationswinkel berücksichtigen, und die Werkzeuge auf der Seite "Stuff", comp2Mercury2019positions.xls und calcparallax2019), behandeln Merkurpositionen auf SDO-Bildern richtig.
    Auch die geozentrische Koordinaten des Satelliten können mit dem HORIZONS-System berechnet werden. Wir haben sie auf die Seite "Stuff" gestellt.
    Die Excel-Tabelle comp2Mercury2019positions.xls enthält ein Beispiel einer Merkurposition, wie sie vom SDO beobachtet werden wird. In der Tabelle kann sie mit Positionen verglichen werden, die für Montreal und Ushuaia berechnet wurden.


Editor: Udo Backhaus
 last update: 2019-10-30