Übungen zur Fotografie von Merkur vor der Sonne
und zur Messung seiner Position
Zuerst das Wichtigste:
Niemals die Sonne ohne Sonnenfilter vor dem Objektiv des Teleskops oder der Kamera (aus Glas oder Folie) fotografieren!
Detaillierte Anleitungen zur Herstellung von Sonnenfiltern, zur Montierung der Kamera, ... können auf der beachtenswerten Seite von Tim Cole Solar imaging with a digital camera und auf Fred Espanak's Transit of Mercury 2019 page gefunden werden.
Auf dieser Seite geben wir nur kurze Tipps, um die Projektteilnehmer schon früh vor dem 11. November zu übungen anzuregen.
- Die Kamera sollte auf ein stabiles Stativ montiert werden.
- Um verwackelte Bilder zu vermeiden,
- sollte möglichst ein Drahtauslöser oder eine Fernbedienung verwendet werden, und
- bei Verwendung einer Spiegelreflexkamera sollte, wenn möglich, der Spiegel vor der Aufnahme hochgeklappt werden.
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Die Bildschärfe sollte so gut wie möglich eingestellt werden, weil Unschärfen Unsicherheiten bei der Bestimmung des Sonnenradius und Fehler bei der Messung von Merkurs Position hervorrufen. Diese müssen aber mit größtmöglicher Genauigkeit gemessen werden!
Der visuelle Eindruck beim Blick durch den Sucher der Kamera reicht für eine optimale Bildschärfe nicht aus!
Der Sonnenrand, eventuelle Sonnenflecken und während des Transits Merkur selbst bieten die besten Möglichkeiten, die Bildschärfe optimal einzustellen. Eine Sucherlupe oder das "live view"-Fenster einer Computersteuerungssoftware (beides Features vieler heutiger Digitalkameras) erleichtern gutes Fokussieren.
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Die Belichtungszeit muss geeignet eingestellt werden, damit das Bild weder zu hell noch zu dunkel wird. Ein paar Hinweise dazu:
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Falls automatische Belichtungszeit gewählt wird, sollte getestet werden, ob die Verkürzung der Belichtungszeit um 1-2 Stufen nicht zu besseren Ergebnissen führt (siehe das Beispiel unten).
Zeitdifferenz 90 s
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Automatische Belichtung |
Automatische Belichtung -1 Stufe |
Automatische Belichtung -2 Sufen |
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Meistens wird die Bildhelligkeit in der Bildmitte gemessen. Deshalb wird die Sonne bei automatischer Belichtung je nach ihrer Position auf dem Bild unterschiedlich hell abgebildet (s. das linke Bild unten).
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Deshalb ist es vielleicht besser, eine feste Belichtungszeit einzustellen. Diese hängt aber natürlich nicht nur von Blende und Brennweite ab, sondern auch von der Höhe der Sonne über dem Horizont und vom Zustand der Atmosphäre.
- Histogramme stellen eine weitere Möglichkeit dar, die Belichtung zu kontrollieren bieten. Viele moderne Kameras bieten diese Möglichkeit. Ansonsten kann dazu auch das Public-Domain-Programm ImageJ verwendet werden. Die Bilder sollten möglichst keine gesättigten Pixel enthalten.
- Wegen der Turbulenzen in der Atmosphäre ist es günstig, mehrere Aufnahmen kurz nacheinander zu machen (möglichst automatisch), statt den Auslöser nur einmal zu betätigen, und nachträglich die beste Aufnahme auszuwählen.
Beispiel: Die Sonne am 18. April 2016 um 8:26 UT
Die 7 Bilder wurden innerhalb einer Sekunde automatisch aufgenommen. Sie zeigen deutliche Unterschiede. Das Bild ganz rechts wurde etwa zwei Stunden später von NASA's Solar Dynamic Observatory (SDO) außerhalb der Erdatmosphäre aufgenommen.
In das komplette Bild und in den Ausschnitt ganz links haben wir Merkur in seiner natürlichen Größe hineinkopiert. Das verdeutlicht die Wichtigkeit möglichst scharfer Bilder!
- Das beste dieser Bilder sollte dann über die Seite zum Datenaustausch in die Datenbank dieses Projektes hochgeladen werden.
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Wie wir bereits in den zugrunde liegenden Ideen beschrieben haben, schlagen wir vor, die Sonne mit fixierter Kamera zweimal kurz nacheinander zu fotografieren, um die Merkurposition bezüglich der Westrichtung bestimmen zu können. Anschließend können diese Bilder (aber müssen nicht!) mit einer Software wie ImageJ überlagert werden. Die Differenz der Pixelpositionen der Sonne (in den Einzelbildern oder im Kombinationsbild) zeigt dann die tägliche Bewegung der Sonne aufgrund der Erddrehung in dem entsprechenden Zeitintervall.
Für dieses Verfahren müssen natürlich die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Größe der Sonne in den Bildern ist klein genug, sodass ihr Mittelpunkt genau ausgemessen werden kann.
- Die Bilder sind ausreichend groß, sodass sie mehr als ein Sonnenbild mit bestimmbarem Mittelpunkt fassen können. Je kleiner die Sonnenscheibe verglichen mit der Bildgröße ist, desto länger kann das Zeitintervall zwischen den beiden Belichtungen gewählt werden und desto genauer kann die Ost-West-Richtung bestimmt werden.
Vielleicht sind die folgenden Hinweise hilfreich:
- Für dieses Verfahren ist ein stabiles Stativ noch wichtiger als für Einzelbelichtungen.
- Bei einer Montierung mit Nachführung muss die Automatik für einige Minuten ausgeschaltet werden können, weil die Kameras auch bei parallaktischen Montierungen nie mit ausreichender Genauigkeit eingenordet sind. Als Alternative kann die Rektaszension per Hand leicht verstellt werden, um ihre Richtung auf dem Bild erkennen zu können.
- Die Zeitdifferenz zwischen den beiden Bildern sollte auf einen festen Wert eingestellt werden. Wenn dieser Wert genau eingehalten wird (Stoppuhr!), kann die bekannte Geschwindigkeit der täglichen Bewegung (in Grad/h) benutzt werden, um den Maßstab der Bilder und den Winkelradius der Sonne zu bestimmen. Wenn die Zeitdifferenz mindestens 150s beträgt, überlagern sich die beiden Sonnenbilder auf dem Kombinationsbild nicht.
- Achtung: Die Sonne neigt dazu, in der Zwischenzeit aus dem Bild herauszuwandern!
- Besonders wichtig:: Mehrfachbelichtungen müssen geübt werden!
Für die Bildbearbeitung empfehlen wir das Public-Domain-Programm ImageJ. Es gibt aber viele weitere Programme, mit denen die erforderlichen Bearbeitungsschritte durchgeführt werden können. Die folgende Beschreibung bezieht sich auf "ImageJ".
Die überlagerung aufeinander folgender Fotos kann mit den folgenden Schritten durchgeführt werden. Die entsprechenden Menü-Items werden rot dargestellt:
- öffne die Bilder in dem Programm gleichzeitig: File → Open
- Fasse die Bilder zu einem Stack zusammen: Image → Stacks → Images to Stack
- Lege die Bilder "aufeinander" (in der z-Richtung): Image → Stacks → Z Project.
Folgende Arten der ZProjection sollten ausprobiert werden:
- Average Intensity
- Max Intensity
- Sum Images
In den meisten Fällen scheint die "max"-Option zu dem besten Ergebnis zu führen. (Die Bilder wurden mit einer neuen Kamera und wenig Erfahrung bei schwierigen Wetterbedingungen aufgenommen.)
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- Wenn man die Zeitdifferenz zwischen den überlagerten Bildern kennt, kann man bestimmen:
- die Orientierung des Bildes,
- den Maßstab des Bildes (vorausgesetzt, die Deklination der Sonne δS ist bekannt) und
- den Winkelradius der Sonne ρS.
- Es gibt viele Hilfsmittel, Merkurs Position relativ zur Sonnenscheibe zu messen. In diesem Projekt bieten wir das (Windows-) Programm evaltransitpicts an, mit dem man die Größen und Positionen von Merkur und Sonne messen kann. ( Elementarere Methoden, den Winkelradius der Sonne zu messen, werden in dem zusätzlichen Projekt Measuring the angular radius of the sun des Transitprojektes 2012 beschrieben.):
- Pixelradius und Mittelpunkt der Sonne werden dadurch bestimmt, dass ein Kreis an sie angepasst wird.
- Indem man einen weiteren Kreis an das zweite Bild der Sonne anpasst, bestimmt man Größe und Richtung ihrer Verschiebung (und damit die Ost-West-Richtung!). Wenn die zugehörige Zeitdifferenz und die Deklination der Sonne bekannt sind, können der Maßstab des Bildes und der Winkelradius der Sonne ρS aus diesen Werten abgeleitet werden (siehe unser Beispiel im Projekt 2012.
- Indem man zwei weitere Kreise an die beiden Merkurscheibchen anpasst, werden deren rechtwinklige Koordinaten x'=x/ρM and y'=y/ρM relativ zum Sonnenmittelpunkt gemessen. Die x-Achse zeigt nach Westen, die y-Achse nach Norden.
- Das Programm liefert ρS als zusätzliches Ergebnis.
- Beispiele und Übungen
- Merkurs Position am 9. Mai 2016 um 12:00:04 UT auf dem Foto aus Hannover
- Die Fotos sind auf der Seite Grundlegende Ideen abgebildet.
- Die Pixelradien der Sonne betragen 864px und 863px, der Winkel nach Westen ist -10.93°.
- Die Sonne hat sich während der 151s um 1971.8px bewegt.
- Wegen der Deklination der Sonne von 17.5° beträgt ihre tägliche Bewegung in dem Zeitintervall cos(δS)*360°/24h*151s=15.78´.
- Merkur hat um 12:00:04 UT die rechtwinkligen Koordinaten x´=-0.81725, y´=0.02741.
- Positionen von Sonnenflecken während der Monate vor dem Transit 2019
- Der Sonnenfleck am 19. März 2019 um 14:15 UT
- Doppelt belichtetes Foto (Die im Abstand von 165 s aufgenommenen Fotos und das Rechenblatt zu ihrer Auswertung kann man über die Seiten zum Datenaustausch finden.)
- Die Mittelpunkte und der Radius der beiden Sonnenscheiben sind
xS1=1326 px; yS1=1192 px; xS2=3326 px; yS2=2210 px; rS=876 px;
- Der Steigungswinkel i der Achse Ost --> West ist also
i = arctan((yS1-yS2)/(xS2-xS2))=-26.98°
- Während Δt hat sich die Sonne um 2244 px weiterbewegt.
- Die Deklination der Sonne ist δS=-1.02°. Die Winkelgeschwindigkeit ihrer täglichen Bewegung ist also
ωS=360°/24h*cosδS=0.25'/s
und sie hat sich während Δt um 41.24' weiterbewegt.
- Der Maßstab der Bilder ist
41.24'/2244px = 1.10"/px.
Der Winkelradius ρS der Sonne ist also
ρS = 1.10"/px * rS = 16.10'
- Der Sonnenfleck auf dem ersten Foto hat die Pixelkoordinaten
xM=1228 px, yM=852 px.
Seine Koordinaten bezüglich des Sonnenmittelpunktes sind
xM-xS1=-98 px, yS1-yM=340 px, rM=353.8 px.
- Sein Positionswinkel bezüglich der unteren Bildkante ist
180°-arctan(-340px/98px)=106.08°
(Hier würde die arctan2-Funktion den richtigen Winkel direkt liefern.)
- Der Positionswinkel φ des Sonnenflecks bezüglich der Achse Ost --> West ist
φ=106.08°-i=133.05°.
- Damit haben wir schließlich die Position des Sonnenflecks bezüglich des Sonnenradius und der Richtung nach Westen bestimmt:
ρ'=rM/rS=0.4039, φM=133.05°, x'=ρ'*cosφ=-0.2758, y'=ρ'*sinφ=0.2952
- SDO-Foto
Im SDO-Archiv kann man das folgende HMI Intensity (orange) für 14:15 UT finden:
- Auf diesem Bild kann man die folgenden Pixelkoordinaten messen:
xS=1024 px, yS=1024 px, rS=956 px, xM=665 px, yM=878 px.
- Ebenso wie oben kann man die folgenden Werte bestimmen:
ρ'=0.4054, posW=157.9°
- Der Positionswinkel wurde wieder in Bezug auf die untere Bildkante gemessen. Um den Winkel bezüglich der Ost-West-Richtung zu bestimmen, muss er korrigiert werden, weil auf den SDO-Bildern die Rotationsachse der Sonne nach oben zeigt. Der Positionswinkel des solaren Nordpols kann auf vielen Seiten gefunden werden, z. B. auf NASAs HORIZON's Web-Interface. Oder er kann mit dem kleinen (Windows-) Programm solarPosAngle berechnet werden. Zum hier interessierenden Zeitpunkt beträgt er -24.89° (das heißt, dass die Sonne im Uhrzeigersinn gedreht ist). Der Positionswinkel φ ist also
φ=157.87°-24.89° = 132.98°
- Die Koordinaten des Sonnenflecks sind
ρ'=0.4054, φ=132.98° x'=-0.2764, y'=0.2966.
Der Unterschied zwischen den beiden Positionen des Sonnenflecks, die auf verschiedenen Bildern mit unterschiedlichen Methoden bestimmt wurden, ist
Δp = 1.5".
- Hier werden wir versuchen, Verabredungen für gemeinsame Positionsmessungen an Sonnenflecken zu treffen!
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Editor: |
Udo Backhaus
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last update: 2020-03-19 |
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